Jugendstrafrecht
Das Jugendstrafrecht enthält im Unterschied zum Erwachsenenstrafrecht einige Besonderheiten, die insbesondere im Jugendgerichtsgesetz (JGG) geregelt sind. Der wohl entscheidende Kern des Jugendverfahrens besteht darin, dass pädagogische Erwägungen statt reiner Sanktion im Vordergrund stehen. Ein solches Verfahren soll für den Jugendlichen bzw. Heranwachsenden vor allem erzieherisch wirken, sodass in erster Linie Erziehungsmaßregeln (Weisungen) oder bei einer Verurteilung sog. "Zuchtmittel" (Verwarnung, Auflagen oder Jugendarrest) in Betracht kommen und eine Jugendstrafe nur im Notfall verhängt wird. So soll verhindert werden, dass sich bei einem Menschen, der schon in jungen Jahren straffällig wird, ein solches Verhaltensmuster auch im späteren Verlauf seiner Entwicklung manifestiert.
Oftmals werden die Beschuldigten im Laufe eines solchen Verfahrens zu Gesprächen mit der Jugendgerichtshilfe eingeladen. Dies kann vor allem für die Beurteilung der persönlichen und charakterlichen Entwicklung sinnvoll sein, doch sollten auch derartige Schritte nie ohne Rücksprache mit dem Verteidiger getätigt werden. Es ist diesbezüglich zu betonen, dass ein Jugendlicher, der sich der Jugendgerichtshilfe anvertraut, Gefahr läuft, unüberlegt Angaben zur Sache, also der konkreten Straftat, zu machen. Da die Jugendgerichtshilfe nicht unter Schweigepflicht steht, können und werden Angaben zur Sache, die der Jugendliche bzw. Heranwachsende ihr gegenüber tätigt, im Verfahren von diesen vorgetragen. Es ist also ganz entscheidend, mit dem Verteidiger zuvor zu besprechen, ob es Einlassungen zur Sache geben soll oder sich die Gespräche mit der Jugendgerichtshilfe nicht besser auf Angaben zur persönlichen Situation beschränken sollen.
Das Jugendverfahren ist auch deshalb brisant, weil der Jugendliche nicht nur dem Vorwurf einer Straftat, sondern oft auch der Enttäuschung seiner Eltern ausgesetzt ist. Hier muss man als Verteidiger also insbesondere vor Augen haben, dass der eigene Mandant womöglich unter großem familiären Druck steht oder sich gar schämt, die Wahrheit zu sagen, in der Furcht, im Ansehen seiner Eltern oder anderen Familienangehörigen sinken zu können.
Ab dem Strafmündigkeitsalter von 14 bis unter 18 gilt man als Jugendlicher, zwischen 18 und unter 21 als Heranwachsender. Während für einen Jugendlichen zwingend Jugendstrafrecht anzuwenden ist, ist bei einem Heranwachsenden die Frage, ob Jugend- oder Erwachsenenstrafrecht anzuwenden ist, davon abhängig, ob er in einer Gesamtschau des persönlichen und charakterlichen Reifegrads eher einem Jugendlichen oder Erwachsenen gleichsteht.