Sexualstrafrecht
Im oftmals ohnehin emotional aufgeladenen Strafrecht ist das Sexualstrafrecht ein besonders sensibler Teilbereich. Das Sexualstrafrecht umfasst alle Straftaten, die mit sexuellen Handlungen oder Übergriffen verbunden sind (z.B. sexuelle Nötigung, sexuelle Belästigung oder Vergewaltigung).
Meist von sozialer Ächtung begleitet, kann bereits der bloße Vorwurf eines solchen Delikts ausreichen, die (soziale) Existenz eines Beschuldigten nachhaltig zu schädigen, wovon derjenige sich teilweise auch nach einem Freispruch oder der Einstellung des Verfahrens nicht mehr zu erholen vermag. Die Gefahr einer (bewusst) falschen Anschuldigung ist aus diesem Grund besonders hoch. Auch wird gerade in diesem Bereich oft von Außenstehenden verkannt, dass in einem Strafverfahren bis zur rechtskräftigen Verurteilung die Unschuldsvermutung gilt und jeder - auch der schuldige Straftäter! - das Recht auf ein faires Verfahren hat, was u.a. einschließen kann, Aussagen von Belastungszeugen zu hinterfragen.
Umgekehrt sind tatsächliche Opfer einer Sexualstraftat im Rahmen eines solchen Verfahrens oftmals gezwungen, durch die Schilderung der Tat das meist als traumatisch empfundene Geschehen noch einmal durchleben zu müssen.
Nicht nur für den Strafverteidiger, sondern für alle Verfahrensbeteiligten gilt daher, ein besonderes Fingerspitzengefühl zu haben, da ein solches Verfahren unweigerlich in die Intimsphäre des/der Beschuldigten sowie der vermeintlich geschädigten Person(en) eindringt.
Da sexuelle Handlungen in aller Regel im privaten Bereich stattfinden, stützt sich ein solcher Tatvorwurf meist ausschließlich auf die Zeugenvernehmung der vermeintlich geschädigten Person(en). So kommt es in diesem Bereich oft zu sog. Aussage-gegen-Aussage-Situationen, weshalb es für den Rechtsanwalt in solchen Fällen besonders essentiell sein kann, die Glaubwürdigkeit des/der Belastungszeugen zu erschüttern oder zumindest vernünftige Zweifel aufkommen zu lassen. Hier kommt es auch nicht selten zu der Hinzuziehung eines Sachverständigen zur Erstellung eines Glaubwürdigkeitsgutachtens in Betracht.
Umgekehrt kann es auch die entscheidende Aufgabe eines Strafverteidigers sein, seinen Mandanten von einem Geständnis zu überzeugen, gerade, um einer tatsächlich geschädigten Person zu ersparen, im Rahmen einer Hauptverhandlung ein Trauma erneut durchleben und intimste Fragen beantworten zu müssen.